Elfenbeinhammer erzählt vom Vereinsleben in Amerika
Vor genau 120 Jahren hat der Bremervörder Verein von Brooklyn sein 25-jähriges
Bestehen gefeiert. Aus diesem Anlass bekam er von dem Verein der Auswanderer aus
dem Amt Bremervörde in New York einen zierlichen Elfenbeinhammer geschenkt, der
heute zum Sammlungsbestand des Bachmann-Museums gehört. Das einmalige
Objekt erzählt von einem der bedeutenden Themen des zentralen Elbe-WeserDreiecks: der Auswanderung im 19. Jahrhundert.
Zwischen 1830 und 1914 wanderten nach offiziellen Zahlen etwa 22.000 Menschen aus dem
Elbe-Weser-Dreieck in die Vereinigten Staaten aus. Erste Station war für viele Auswanderer
die Metropole New York. Manche zogen von dort aus weiter und fanden in den ländlichen
Gebieten wie etwa in Cole Camp im County Benton in Missouri eine neue Heimat. Andere
blieben in New York oder einer anderen Großstadt.
Für die meisten Eingewanderten war der Neuanfang mit harter Arbeit und schlechten
Lebensbedingungen verbunden, aber auch mit der Chance, sich ein eigenes Leben
aufzubauen. Zahlreiche Frauen arbeiteten in New York als Dienstmädchen, die Männer
fanden häufig Arbeit im Lebensmittelhandel, der zum Beispiel in Brooklyn fest in den Händen
von Norddeutschen war.
Viele Deutsche organisierten sich in der neuen Heimat in Vereinen, die es zum Beispiel auch
für Auswanderer aus den Ämtern Rotenburg oder Bremervörde, aus Zeven, Bremervörde,
Lamstedt oder Selsingen gab. Das gesellige Beisammensein, die Erinnerung an die alte
Heimat und die Pflege der deutschen Sprache waren wichtige Ziele, die auch der 1879
gegründete Bremervörder Verein Brooklyn verfolgte. Wichtig war aber auch die
Unterstützung der Vereinsmitglieder: Kranke und arbeitsunfähige Mitglieder bekamen eine
wöchentliche finanzielle Unterstützung, Hinterbliebene erhielten Sterbegeld. Darüber hinaus
unterstützte der Bremervörder Verein Brooklyn auch „Notleidende in Bremervörde“, das
Deutsche Rote Kreuz oder die 1906 von einem Erdbeben betroffenen Mitglieder des
Bremervörder Vereins von San Francisco.
Der kleine Elfenbeinhammer war ein Jubiläumsgeschenk. Die „Brooklyner“ bekamen ihn
1904 zum 25-jährigen Vereinsbestehen geschenkt. Auswanderer aus dem Amt
Bremervörde, die in New York ebenfalls einen Verein gegründet hatten, überreichten das
Präsent in einer mit rotem Samt ausgekleideten Schatulle: „GEWIDMET DEM Bremervörder
Verein VON BKLYN 1879-1904 VON Amt Bremervörder Verein VON NEW YORK“, heißt es
in der Gravur auf dem Silberband, das um den Hammerkopf läuft.
Die Größe und die Form erinnern an die aus Holz hergestellten Hämmer, die bis heute in
Amerika bei Gericht zum Einsatz kommen, in Deutschland bei öffentlichen Auktionen.
Wahrscheinlich sollte er, der in der Museumsdatenbank als „Vorstandshammer“ aufgeführt
wird, bei den Sitzungen des Vereinsvorstands zum Einsatz kommen. Ob er jedoch je
gebraucht wurde, kann heute nicht mehr gesagt werden. Gebrauchsspuren zeigt das mit
Rillen und Wülsten verzierte, knapp 20 Zentimeter lange Sammlungsstück nicht.
Der Bremervörder Verein Brooklyn wurde 1962 nach fast 100 Jahren aufgelöst. Den
„Vorstandshammer“ und weitere Zeugnisse der Vereinsgeschichte schickte Otto Betke nach
Bremervörde mit der Bitte „um einen würdigen Platz für die Sachen in ihrem Museum zur
Erinnerung an ihre Landsleute in Amerika“.
„Der Hammer ist für das Museum ein ganz wichtiges Objekt“, betont Museumsleiterin Ellen
Horstrup. „Er erzählt vom Leben der Auswanderer in der neuen Welt, macht aber auch
deutlich, dass ihre Verbindungen in die frühere Heimat im zentralen Elbe-Weser-Dreieck
weiterhin bestanden – und in vielen Fällen bis heute bestehen. Ich hoffe, dass wir dieses
einmalige Objekt nach der geplanten Sanierung in der neuen Dauerausstellung zeigen
können.“
Unser Tipp:
Die Publikation des Museums mit dem Titel „Auf in die Fremde“ zur Auswanderung aus dem
zentralen Elbe-Weser-Dreieck ist im Museum und im Buchhandel erhältlich. Weitere
Informationen unter www.bachmann-museum.de.