Ein winziges Loch hilft bei hochkarätiger Forschung

Metallanalyse im Bachmann-Museum: Forscher untersucht seltenen Bronzedolch aus der Sammlung

Die Ausstellung im Bachmann-Museum Bremervörde ist geschlossen, eine umfassende Gebäudesanierung in Vorbereitung. Die Ausstellungsstücke ziehen in Kürze aus, doch hinter den alten Mauern geht die Forschung zur Geschichte des zentralen Elbe-Weser-Dreiecks weiter. Für einen 3.500 Jahre alten Dolch aus der Sammlung interessieren sich zum Beispiel gerade Forscher aus Mannheim.

Bart Cornelis bohrt an der dicksten Stelle des Kurzschwertes mit einem Spezialbohrer ein winzig kleines Loch in die Klinge.

Museumsleiterin Ellen Horstrup erreichte im vergangenen Jahr eine Anfrage vom Mannheimer Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie (CEZA) (siehe „Aktuelles Stichwort“). Der niederländische Archäologe und Doktorand Bart Cornelis forscht dort zu den frühesten Metallwaffen Norddeutschlands. Bei seinen Recherchen war Cornelis auf einen Dolch im Bestand des Bremervörder Museums gestoßen. Um mehr über die Fertigungsweise und die chemische Zusammensetzung der Bronzeklinge zu erfahren, bat Cornelis, dem 3.500 Jahre alten Dolch eine Probe entnehmen zu dürfen.

Ellen Horstrup und ihre Kollegin und Stellvertreterin, die Archäologin Meike Mittmann, mussten abwägen: „Unsere Aufgabe als Museum ist es, die Objekte unserer Sammlung für die zukünftigen Generationen zu erhalten. Eine Probenentnahme bedeutet aber einen Eingriff in das Objekt, eine kleine Zerstörung also“, erläutern sie. „Gleichzeitig ist das Museum dazu verpflichtet, die Sammlung zu erforschen und für Forschungen zur Verfügung zu stellen.“ Mit dem einzigen Fundstück aus dem Landkreis Rotenburg könne das Bachmann-Museum zu hochkarätiger Forschung beitragen und helfen, eine regionale Lücke in dem wissenschaftlichen Projekt zu schließen, erklären Horstrup und Mittmann. „Wir haben deshalb beide gern zugestimmt.“

Also reiste Bart Cornelis samt Spezialwerkzeug nach Bremervörde. In der Umgebung der Stadt war der knapp 25 Zentimeter lange Dolch vor über 80 Jahren gefunden worden. Insgesamt hat Cornelis in Nord- und Mitteleuropa 300 bronzezeitliche Klingen ausfindig gemacht. 180 davon wollen er und zwei weitere Kollegen des CEZA metallurgisch untersuchen. Die Fachleute wollen herausfinden, woher die ersten norddeutschen Bronzeklingen stammen, wer sie hergestellt hat und was sie über das Rohstoff-Handelsnetzwerk vor 3.500 Jahren verraten. Denn Bronze wurde als Legierung hauptsächlich aus Kupfer und Zinn gemischt, beides Rohstoffe, die in Norddeutschland nicht vorkommen. Auch, wo die Menschen der Bronzezeit die Metalle gewonnen und wie sie sie verarbeitet haben, interessiert die Wissenschaftler. Das fächerübergreifende Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Bei seinem Besuch im Bachmann-Museum hat Cornelis an der dicksten Stelle der Klinge mit einer Ständerbohrmaschine ein Loch von 1,5 Millimeter Durchmesser gebohrt und rund 50 Milligramm Bronzespäne entnommen. „Die Probe darf nicht verunreinigt werden, um die empfindlichen Kupfer-, Zinn- und Blei-Isotopenanalysen nicht zu beeinträchtigen“, erläutert der Forscher. Nach der Materialentnahme wurde das Loch mit einem farblich passenden Spezialwachs sorgfältig wieder versiegelt.

Nach einer guten Stunde hatte Cornelis Fotos und eine Beschreibung des Objekts im Laptop sowie die Probe im Teströhrchen. Er packte seine Utensilien zusammen und brach zum nächsten Museum auf. Auf diesem Wege lerne er viele norddeutsche Museen kennen, sagte er lachend. „Es freut mich, dass wir bei unserem Projekt so viel Unterstützung erfahren. Ich bin zuversichtlich, dass wir interessante Ergebnisse erzielen, denn wir sind die ersten, die die norddeutschen Klingen in so großem Umfang auf ihre gesamte chemische und isotopische Zusammensetzung hin untersuchen.“

Inzwischen ist der Bronzedolch wieder sorgsam verpackt. Das Museumsteam ist gespannt, welchen Beitrag der historisch bedeutende Fund für die Erforschung der Bronzezeit in Europa liefern wird.

 

Nach der Probenentnahme versiegelt Bart Cornelis versiegelt das winzige Loch.

 

Die Klinge aus der Bronzezeit wurde vor über 80 Jahre in der Umgebung Bremervördes gefunden und wurde dem Museum von einem privaten Sammler übergeben.

 

 

Aktuelles Stichwort: Archäometrie

Unter Archäometrie sind alle naturwissenschaftlichen Methoden zu verstehen, mit deren Hilfe archäologische Fragestellungen geklärt werden. Dazu gehört auch die Archäometallurgie, also die Erforschung der Metallrohstoffe und Metallbearbeitungstechniken der Ur- und Frühgeschichte.